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Ein Pfingstimpuls für Sie!

Lesen Sie den Pfingstimpuls von Äbtissin Monika Thumm für die Schwesterngemeinschaft

Und: Freuen Sie sich an den Fotoimpressionen vom Pfingsttag 2020 - unter diesem Link!

Liebe Schwestern

Einige von euch erinnern sich noch an die Zeit als Pater Jakob Fuchs aus Nuolen mit uns den Sonntagsgottesdienst gefeiert hat. Wir schätzten seine bildhaften und sprachlich schönen Predigten. Beim Durchstöbern meines spirituellen Schatzkästchens bin ich auf einen inspirierenden Abschnitt aus einer Pfingstpredigt gestossen:
«Viele Kirchen besitzen bunte Fenster mit gläsernen Mosaiken. In der Gestalt des Bildes erzählen diese Fenster die Grosstaten Gottes. Die ehrwürdigen Gestalten der Propheten und Apostel sehen uns an. Unsere Liebe Frau mit dem Kind ist dargestellt. Vielleicht sind es auch Stationen des Lebens Jesu, die uns im Bilde nahekommen. Diese Fenster haben nicht in erster Linie den Sinn, die Stätte der Andacht zu schmücken. Sie wollen vor allem eine Botschaft ausrichten. Sie sind gleichsam bildgewordenes Wort und möchten, ebenso wie die Orgel das in Tönen tut, verkündigen. Wenn ich nun eine solche Kirche von aussen sehe (sozusagen um sie herumgehe), erscheinen diese Fenster in einem leblosen Grau in Grau. Sie sind stumm und ohne Aussage. Sobald ich aber den Innenraum betrete, glühen sie in allen Farben auf. Dann sind sie von Licht erfüllt, ihre Bilder beleben sich und beginnen tatsächlich zu sprechen. Alles, was sie mir mitzuteilen haben, war auch vorher auf ihnen abgebildet, als ich ahnungslos um die Kirche herumschlich, aber es war noch nicht ‘für mich‘ da. Ich musste erst im Heiligtum sein, damit die Botschaft mich erreichen konnte.» Soweit Pater Fuchs.

Ich muss erst im Heiligtum sein – vielleicht auch im inneren Heiligtum -, damit die Botschaft mich erreichen kann. Es braucht das göttliche Licht, damit sie mich im Innersten treffen kann, damit sie «für mich» ist. Es braucht den göttlichen Geist, das Licht der Herzens. Er schliesst auf, was uns verschlossen ist, er taucht ins Licht, was dunkel ist, er eröffnet uns, was wir noch nicht verstehen. Und wenn ich nun speziell auf dieses besondere Jahr Bezug nehme, dann steht für uns eine grosse Frage im Raum, nämlich: was will Gott uns sagen? Ein Sturm ist über unsere Erde gebraust und hat alles durcheinandergebracht. Fast nichts ist mehr wie vorher. Wir alle wissen, dass manches anders werden wird. Aber wir wissen nicht unbedingt, wie das aussehen kann … Mir ist in den vergangenen Tagen wieder bewusst geworden, dass unserem Gott, wie er in der Bibel gezeichnet wird, eine ewige Neuheit anhaftet. Von der ersten Seite der Bibel bis fast zur letzten schafft er und verheisst er Neues, unsagbar, unausdenkbar Neues. Es beginnt mit der Schöpfung und mündet in die Verheissung: «Seht, ich mache alles neu!“ (Offb 21.5) Und etwa in der Mitte der Bibel (im Buch Jesaja) lockt Jahwe sein Volk aus der Resignation mit den Worten: «Seht, nun mache ich etwas Neues. Schon sprießt es, merkt ihr es nicht?» (Jes 43.19) Dazu sagt Papst Franzikus: «Die christliche Hoffnung stützt sich auf den Glauben an Gott, der im Leben des Menschen, in der Geschichte, im Kosmos, stets Neuheiten schafft. Unser Gott ist der Gott der Neuheiten, denn er ist der Gott der Überraschungen.»

Manchmal haben wir Angst vor Gottes Überraschungen. Dann halten wir uns am Alten fest. Das gibt uns scheinbar Sicherheit. Doch es trägt nicht mehr, es strahlt nicht mehr, es führt nicht weiter. Auch die Jünger hatten Angst. Sie verschlossen die Türen, brachten sich in Sicherheit. Sich auf Gottes Überraschungen einlassen heisst immer auch loslassen. Das Alte, das Vertraute, das Liebgewordene loslassen, weil etwas Neues sich Bahn brechen will und muss.

Liebe Schwestern, wir haben in den vergangenen Wochen etwas von Gottes Überraschungen erfahren, ohne schon zu wissen, wohin der Weg gehen wird. Und wir sind dem Neuen voll Erwartung, mit Staunen und Freude begegnet. Ich wünsche uns Augen, die die Spuren von Gottes Neuheit entdecken; ich wünsche uns das Vertrauen, uns von Gottes Geist führen zu lassen, wohin er will. Und nicht zuletzt die Kraft, die Ungesichertheit auszuhalten.
«Komm, Heiliger Geist. Komm, Licht der Herzen, und erneuere das Antlitz der Erde.»

31.5.2020, © Zisterzienserinnen-Abtei Mariazell Wurmsbach